II. NACHDENKLICHES UND BESCHAULICHES
Das war so schön, als ich ein Kind noch war.
In einer Welt voll Glück und Wunder lebt' ich,
Und hoch im Himmel sass der liebe Gott
Im Purpurrnantel; silbern fluthete
Sein Bart hernieder und sein blaues Auge
Sah freundlich und voll Güte auf mich hin.
So sicher fühlt ich mich in seiner Hut,
Und wenn nach Spiel und Scherz der Abend kam,
Sprach ich zu ihm in kindlichem Gebet
Und streckte froh mich in die weichen Kissen.
Sein treues Auge wachte über mir.
Ich wusste ja, ich lag in seinem Schoos –
Das war wohl schön und gut – doch anders ward's,
Viel anders ward es nun. Der liebe Gott
Ist todt geblieben. Leer ist jene Stelle.
Und schwarze Finsterniss ist dort gebreitet,
Nun muss ich meinen Weg alleine gehn,
Ob auch die Pfade rauh sind und voll Dornen –
Vor mir die Nacht und hinter mir, und ach,
Kein Licht dort, wo ich wandle – Besser war's,
Viel besser war's, als ich ein Kind noch war!
Und denk' ich dran, so wünsch' ich manchmal still:
Der gute liebe Gott, er lebte noch.
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