Ferdinand Avenarius

Der Mutter

War ein Regen heut den Frühlingstag
Stund um Stund –
Und nun Sonnengold und Amselschlag! . . .
Amsel du, sing vom Waldesgrund
In das Abendflammenfest im Rund.

Singe, Amsel, deinen Kindersang –
Schon als Kind
Mit der Mutter dort am Hang
Lauscht ich dir, wir zwei,
Bis zum Singen voll das Herz vom Mai.

Und dein Lied
So sangest du,
Als im Abendgolde meine Jugend schied,
Als ich leise einer alten Frau
Schloss die Wimpern zu . . .

Könnt ich doch mein Aug den Toten leihn! –
Füg dich drein! –
Unter Gräbern dringt kein Sonnenschein:
Füg dich drein –
Kannst dus, wenn du siehst ins Gold hinein,
Trinks allein!

Quelle:
„Vom Reichtum der deutschen Seele – Ein Hausbuch deutscher Lyrik“
hrsg. v. Georg Virnsberg, verlegt bei Dollheimer, Leipzig, 1928

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