Wilhelm Busch
Der dicke Kämmerer im Ägypterland
War weit und breit als Grobian bekannt,
Bekannt als größter Tier- und Menschenschinder;
Er schlug sein Weib und seine kleinen Kinder.
Er schlug mit seinem Rohr die alten braven
Kamele und die schwarzen Mohrensklaven;
Und als er sie geschlagen manchen Tag,
Da traf ihn eines Tages selbst der Schlag. –
Er starb. – Da tönt des Schicksals Donnerwort:
Die Seele wandre durch Kamele fort
Und komme nicht zur Ruh im sel'gen Land,
Bis sie das größte der Kamele fand! –
Im ersten Schrecken fuhr des Kämmerers Seele
In eines seiner eigenen Leibkamele;
Die Kinder ritten ihn, die eignen Fraun,
Er ward von eignen Sklaven oft gehaun,
Und endlich unterlag er seinen Leiden. –
Die arme Seele muß von hinnen scheiden;
Sie fuhr entsetzt davon und fuhr und flog
In ein Kamel, das durch die Wüste zog.
Die Sonne brennt, es weht der heiße Smum,
Vor Hitze kommen fast die Leute um.
Da schneidet dem Kamel man auf den Bauch
Und zieht hervor den großen Wasserschlauch;
Die Karawane trinkt, der Durst war groß,
Und wieder ist die Seele obdachlos.
Und wieder muß die arme Seele wandern
Durch ein Kamel hinaus, hinein zum andern,
Und findet nicht das größte der Kamele.
Vergebens wandert die geplagte Seele
In das Kamel, das den Propheten trug;
Auch dies sogar war noch nicht groß genug. –
Da ist sie einst nach manchen tausend Jahren
Zu Turkestan in ein Kamel gefahren,
Das man als größtes, das man jemals fand,
Herüberbrachte in den Zollverband.
Man zeigt' es in den Buden, in den Gassen,
Es mußte sich geduldig schinden lassen
Und starb zuletzt von allzu vielem Schinden.
Wo soll die Seele noch ein größres finden? –
Ein Hofrat stand dabei. – Als blauer Rauch
Fuhr ihm die arme Seele in den Bauch.
Da griff er schnell zu Feder und Papiere
Und schrieb ein Buch zum Schutz der lieben Tiere. –
Der Hofrat starb. – Ersehnte Ruhe fand
Des Kämmerers Seele aus Ägypterland.
Wilhelm Busch
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