Johann Georg Fischer

Sommermorgen

Leise träumt die Sommernacht;
bei den kühlen Bronnen
hab' ich dich herangewacht,
erster Hauch der Sonnen.

Gestern in der Abendluft,
als sie untergangen,
blieb von ihrem Gold ein Duft
fern im Westen hangen,

Und er schwebte durch die Nacht
über bis zum Norden,
hat den Osten rot gemacht,
daß es Morgen worden.

Perl' an Perle hängt der Tau
um des Grases Blüten,
und man sieht den Dampf der Au
warme Stunden brüten.

Tiefer schon an Turm und Dach
rückt die Helle nieder,
in den Wipfeln allgemach
wachen auf die Lieder.

Sieh – ein Blitz am Himmel hin!
Durch der Blätter Beben
zittert mir um Wang' und Kinn,
Tag, dein Sonnenweben;

Und ich seh' dein Lichtgespinst
alle Welt umfließen,
wie du mir das Herz durchrinnst,
sonniges Ergießen.

Flutend schlägt mir überm Haupt
Duft und Klang zusammen;
was die Seele hofft und glaubt,
alles steht in Flammen.

Und so viel sie trinken mag,
rauscht vom Himmel nieder;
denn des Lebens voller Tag
strömt allmächtig wieder.

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