Walter Flex
Als Hermann Löns aus der Heide nach Frankreich zog,
Markwart, der Häher, ihm schwatzend zur Seite flog.
»Löns – ! Wohin? In den Krieg und fast fünfzig Jahr?
Unterm Rekrutenhelm ergraut dir das Haar!«
Alt oder jung – das zählt nicht nach Jägerrecht!
Jäger und Schützen sind immer nur gut oder schlecht.
»Löns, Hermann Löns, bald ist Dichten und Jagen aus!
Heidesohn, Dichtersmann, Jägersmann, bleibe zu Haus!«
Löns, der Jäger, wog sacht das Gewehr in der Hand:
Schwatze nicht, Markwart! Der Werwolf streicht ums Land.
»Löns, so vergißt du die Heide, dein Braunes Buch?«
Markwart, ich trag' es versteckt unterm grauen Tuch.
»Löns, so vergißt du den Wald, dein grünes Buch?«
Markwart, ich trag' es versteckt unterm grauen Tuch.
»Löns, und die deutschen Lieder, dein goldenes Buch – ?«
Markwart, ich trag' es versteckt unterm grauen Tuch.
Markwart, der Häher, stob scheltend ins Tannicht zurück,
Löns, der Dichter, ging sterben für Deutschlands Glück.
Löns, der Jäger, starb schweigsam in Blut und Tau.
Wanderfalken kreisten schweigsam im Blau.
Kreisten ob Wäldern und Äckern im goldenen Meer.
Suchend kreisten des Sterbenden Augen umher.
Schauten in Morgengold, Ackerbraun, Waldesgrün –
aufgeschlagen lagen drei Bücher um ihn!
Dreimal noch zuckte, dreimal des sterbenden Hand
über Herz und Büchse und braunes Land.
»Herz, nun gib deinen singenden Liedern Ruh'!«
Zuckend sein goldenes Buch schlug der Dichter zu.
»Büchse, du glühst in erkaltender Hand noch so heiß!«
Zuckend sein grünes Buch schloß der Jäger leis.
»Erde, ach Erde, nun bist du mein Leichentuch!«
Streichelnd schloß Hermann Löns sein braunes Buch.
(zitiert nach:
Walter Flex: Im Felde zwischen Nacht und Tag. Gedichte von Walter Flex.
Beck'sche Verlagsbuchhandlung. München. ohne Jahr, S. 32f.)
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