Heinrich Hoffmann
Mag der Frühling milden Hauch,
Frisches Grün und Veilchen spenden,
Aber tückisch weiß er auch
Euch des Schlimmsten viel zu senden.
Wenn der Winter streng und arg
Wenig giebt, an Freuden karg,
Giebt er doch mit treuen Händen.
In der Sankt Walburgisnacht
Regen sich die bösen Geister,
Und der Zug in toller Pracht
Mit sich fort die Andern reiBt er;
Auf dem Brocken sammelt froh
Sich das Hexenrokoko
Um den alten Höllenmeister.
Anders in Silvesters Nacht
Bei der Kerzen frohem Schimmer;
Gute Geister halten Wacht,
Und durch Saal und Flur und Zimmer
Schreiten sie in stillem Zug,
Schauen rings und sorgen klug,
Und die bösen wagen's nimmer.
Heute jauchzt das Menschenherz,
Selbst dem Kummer fehlen Zähren;
Heute will der alte Schmerz
Sich in neuem Wunsch verklären.
Mit der Freude theilt zugleich
Ja die Hoffnung heut das Reich;
Laßt die Lust nur frei gewähren!
Wenn aus würz'ger Schaal empor
Heiß die leichten Wölkchen steigen;
Seht das ist der Geister-Chor,
Der Silvesterelfen Reigen.
Was ihr hofft, sei bald erreicht!
Was ihr wünscht, sie schaffen's leicht;
Eins nur hassen sie : Das Schweigen.
Freund an Freund! Ja Hand in Hand!
Rechts der Bruder, links die Schwester!
Einig soll sich heut' das Band
Enger schließen noch und fester.
Heut sei Schlimmes abgethan!
Fangt mit Lust das Neue an;
Denn wir feiern heut Silvester.
(1873)
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