Börries Freiherr von Münchhausen

Der Page von Hochburgund

Ich bin der Page von Hochburgund
und trage der Königin Schleppe,
heute lachte ihr Mund, heute sprach ihr Mund
auf marmorner Pfeilertreppe:
»Page, was hobest du heimlicherweis
zur Lippe der Schleppe Litzen,
Page, ich glaube, du küßtest leis
am seidenen Saume die Spitzen!«

Auf meine Kniee warf ich mich hin
und bat um Gnade mit Stocken,
da lachte die junge Königin
und zauste in meinen Locken:
»Die Heide dampft und die Stute stampft,
zur Strafe – darfst du mit jagen,
den Falken, der sich um den Handschuh krampft,
meinen Falken, den sollst du tragen!«

Und wir ritten vondann, fern blieb das Gefolg,
und ein Lachen lag mir im Blute,
an meiner Seite tanzte der Dolch,
und unter mir tanzte die Stute.
Wir hielten am Hag zwischen Heide und Tann,
wo der Sturm die Esche zerbrochen,
die Königin sah mich seltsam an
und hat ganz leise gesprochen:

»Mir bot die goldberingte Hand
der König von Kastilien,
und bot mir seiner Väter Land
und seines Wappens Lilien,
wohl schimmern die Lilien silberfahl,
und im Land aufleuchten die Schlösser, –
dein Lachen ist silberner tausendmal,
deiner Augen Leuchten ist besser!«

Ich bin der Page von Hochburgund
und trage die weiße Seide,
ich küßte heut' einer Königin Mund
beim Reigerzug auf der Heide,
ihre blasse Lippe ward rot im Kuß,
und wollt ihr das Ende wissen, –
es schweigt mein Mund, weil er schweigen muß
von einer Königin Küssen!

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