Adolf Friedrich von Schack
Das ist ein Fest, ein herrliches, heut!
Kanonengekrach und Glockengeläut
Und Hallen von Siegesliedern!
Nein, nein! Reißt ab von den Helmen das Laub
Und streut auf das Schlachtfeld Asche und Staub,
Wo Brüder sich würgten mit Brüdern!
Tot beide, die ich mit Schmerzen gebar,
Die schöner und schöner von Jahr zu Jahr
Erblühten an meinen Küssen!
Gebrochen nun in des Lebens Mai
Ihr rosiges Haupt! Vom heißen Blei
Die Brust den Teuern zerrissen!
O hätt' ich – das ist's, was am Herzen mir zehrt –
Das Wort sie nimmer stammeln gelehrt,
Das in den Tod sie getrieben!
Mein, mein die Schuld! Mit erhobener Hand
Gebot ich ihnen, das Vaterland,
Das deutsche, vor allem zu lieben.
Wenn abends die zwei mir saßen im Schoß,
Oft ihnen erzählt' ich von Waterloos,
Von Leipzigs herrlichen Schlachten,
Wie heim aus dem Feld ihr Vater, ihr Ahn
Sich Ehren für Thaten, die sie gethan,
Und leuchtende Wunden brachten.
Da flammten die Augen der Knaben in Glut
Und ließen mit Stolz des Gatten Blut
In den Adern der Söhne mich ahnen.
Was mehr? Die Jünglinge trieb es – kein Halt! –
Zu Habsburgs Adler den Theobald,
Den Karl zu den preußischen Fahnen.
»Mein Bruder, leb wohl! Doch bald vereint
Wehn unsere Banner wider den Feind
Und jagen ans Meer ihn nach Westen;
Für Deutschland, wie uns die Mutter gelehrt,
Laß dann, des Ahnen, des Vaters wert,
Uns kämpfen unter den Besten.«
Und sie träumten noch von vereintem Sieg;
Wer war es, o wer, der da den Krieg
Von Deutschen mit Deutschen entflammte?
Wohl bebte zurück die entsetzte Natur;
Doch band an die Fahnen die zwei ihr Schwur
Und riß sie ans Werk, das verdammte.
Die Hölle jauchzte; von Süd und Nord
Entgegen sich zogen zum Brudermord
Die Heere mit klingendem Spiele;
Und, wie ich jammernd am Boden lag,
Die beiden Söhne bei Nacht und Tag
Schaut' ich in dem Schlachtengewühle.
Und Flammenzischen und Rädergeroll
Und Krachen der Feuerschlünde erscholl
Und Sterbender Aechzen und Wimmern;
Da schwand der Dampf, der die Wahlstatt umflort,
Und blutend lagen die zwei, durchbohrt,
Auf Haufen von Leichen und Trümmern.
O Mutter der Schmerzen! Vom Kruzifix
Des Sohns schau her mitleidigen Blicks
Und denk, du hattest nur einen!
Nicht gleicht dein Jammer dem meinen; dir quillt
Die lindernde Thräne vom Auge mild,
Ich habe keine zu weinen.
Und ihr, mit Jubel und Festlust heut
Verhöhnt ihr mein Weh, mit Glockengeläut
Und hallenden Siegesliedern? –
Schweigt! schweigt! Reißt ab von den Helmen das Laub
Und streut auf das Schlachtfeld Asche und Staub,
Wo Brüder sich würgten mit Brüdern.
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