Franz Werfel

Tränen-Hymnus

Noch meistert die Wintersonne
Unbeleidigt und ungebrochen die Bahn.
Die überschwenglichen Berge
Schmiegen sich grenzenweich
Ins dunkle Firmament.
Im Schnee die tiefen Menschenstapfen
Sind bis zum Rand gefüllt mit Himmel.

Oh!
Ein Glück bricht aus mir.
Ich halte mich fest an meinen Schrei,
Hinstürzen müßt' ich sonst.
Woher die neue reißende
Unerträgliche Freude?
Ich stehe zitternd in dichter
Hecke von Melodien.
Aber von wilden Tränen,
Ein Liebes-Ausbruch von Tränen,
Dringt immer wieder aus mir
In krampfend erneuerten Stößen.

Nicht umsonst gelebt!
Mystischen Spermas voll
Sind diese rasenden Tränen.
Schon zuckt mir der vorbestimmte Schoß.
Ein noch verborgenes, keusches, vergletschertes All
Lächelt in müder Empfängnis.

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