Rudolf Löwenstein
Festglocken tönen überall,
Es flammen tausend Kerzen.
Rings Freude nur und Jubelschall
Aus frohen Kinderherzen.
In jeder Stadt, in jedem Nest,
Wohin den Blick ich trage,
Ertönet heut der Ruf zum Fest:
»Vergnügte Feiertage!«
Ich war in manchem Glanzpalast
Und sah den Christbaum prangen;
Es brachen seine Zweige fast –
So schwer war er behangen.
Die Kinder sprangen um den Tisch
Mit Pfeif' und Trommelschlage,
Und klatschten in die Hände frisch:
»Vergnügte Feiertage!«
Ich war im niedern Bauernhaus,
Drauf zum Besuch nicht minder,
Die Kinder sahn so lustig aus,
Just wie des Königs Kinder.
Sie schwangen kühn ihr Schwert von Holz,
Als wären's edle Männer,
Und ritten auf dem Holzpferd stolz,
Als wär's des Königs Renner.
Was hab' ich alles doch geschaut
An schönen Raritäten!
Prinz Marzipan und seine Braut
Und hohe Majestäten,
Marställe, Gärten, Dörfer dann,
Kurz – tausend bunte Sachen.
Wer solche Schätze kriegen kann –
Dem muss das Herz wohl lachen!
Doch seht! es lacht just ebenso
Des armen Bürgers Käthchen,
Und drückt an ihre Brust so froh
Ihr heugestopftes Mädchen,
Sie legt ihr Püppchen in das Bett,
Mit dem kattun'nen Kleide.
Es scheint der Kleinen just so nett,
Als die Mamsell in Seide.
O selig, noch ein Kind zu sein!
Euch ist ja Herzensfrieden,
Euch ist noch nichts von Sorg' und Pein,
Von Hass und Streit beschieden!
Gott segne, Kinder, Eure Freud'!
Denn Weihnacht ist gekommen.
Für jedes ist ein Bäumchen heut,
Fürs ärmste auch entglommen.
Und wo ein Kind verlassen ist,
Fern von der Eltern Blicken,
Da kommt heut mild der heil'ge Christ,
Das Herz ihm zu erquicken.
Der ruft: »Ihr Leut', nach frommen Brauch,
Denkt an der Armen Klage,
Und schaffet den Verlass'nen auch
Vergnügte Feiertage!«
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